Der heutige Tag wird lange, und als Würdigung dafür hat es dieser
Blogeintrag verdient, etwas länger zu werden. Gestern Abend sind wir
Zeugen eines grossen Zufalls geworden. Denn die beiden Wanderer, ein
Franzose und ein Tscheche, die wir auf der Passhöhe im Shelter
kennengerlernt haben, sind am selben Tag zum selben Zeitpunkt mit dem
selben Zelt im selben Seitental wie wir gewesen, als unser Zelt vom
Wind zerfetzt wurde. Sie hatten die Situtaion besser unter Kontrolle
und konnten ihr Zelt retten. Spätestens ab dann waren wir uns
sympathisch, und wir haben den gestrigen Abend noch ein wenig
geplaudert.
Die beiden sind heute Morgen etwa eine Stunde vor uns aufgebrochen,
bevor wir dann um halb sieben Uhr ebenfalls früh los liefen. Auch
heute zielen wir einen Shelter an, der etwa 25km entfernt von uns ist,
in dem wir übernachten würden. Es soll aber so kommen, dass wir heute
die doppelte Strecke zurücklegen und in Abisko, dem Endpunkt des
Kungsleden, nach etwas mehr als 50km Tagesetappe einmarschieren.
Im Shelter auf der Passhöhe packen wir leise unsere Sachen, denn nebst uns haben noch drei junge Frauen im Shelter übernachtet. Wir trinken noch in Ruhe unseren Kaffee, bis wir dann auf dem Kungsleden weiter in den Norden wandern. Das Wetter ist heute zu Beginn besonders rauh. Während dem Abstieg des Passes weht ein kalter Wind. Wir kommen noch an der STF-Hütte Tjäkta vorbei, der wir einen kurzen Besuch abstatten, wo es aber sonst nicht viel zu sehen gibt. Weit und breit keine Menschen, nur ab und zu begegnet uns ein Rentier. Allmählich öffnet sich das Tal, und es zeigt sich etwas blauer Himmel und Sonne zwischen den Wolken. Immer wieder erhalten wir Einblicke in Seitentäler, an deren Ende Firnfelder in der Höhe zu erkennen sind. Später stellen wir fest, dass sich auf den Gipfeln bereits etwas Neuschnee gesetzt hat.
Wir sind nun bereits einige Stunden unterwegs und wir nähern uns der nächsten STF-Hütte Alesjaure. In die nördliche Richtung betrachtet ist dies bereits die zweitletzte STF-Hütte auf dem Kungsleden. Das Wetter bleibt wechselhaft, es zeigt sich aber immer wieder etwas Sonne. Die Hütte steht einsam auf einem Hügel am Ufer des gleichnamigen Sees. Hier legen wir eine Mittagspause ein. Auch hier sind die verbleibenden Vorräte des Hüttenkiosks ziemlich mager. Gut, dass wir nicht darauf angewiesen sind.
Nach dem kurzen Rast laufen wir alles dem Alesjaure See entlang. In ungefähr zweieinhalb Stunden erreichen wir den Shelter, den wir als heutiges Tagesziel definiert haben. Vom Pass heute morgen bis zum Shelter sind es rund 25km. Wir begegnen wieder dem Franzosen und dem Tschechen, die mit uns auf der Passhöhe übernachtet haben. Wir erfahren, dass das Wetter morgen schlecht sein wird, und sie aus diesem Grund noch weiter als den Shelter wandern. Sie überzeugen uns, und wir verbringen die nächsten Kilometer mit ihnen zusammen. Das nächste Ziel ist deshalb die letzte STF-Hütte Abiskojaure. Bis dahin sind es etwas mehr als 10km.
Wir verlassen das Ufer des Alesjaure Sees und queren eine Ebene. Hier sind einige Zäune zu passieren, die wohl das Pachtgebiet der Sami eingrenzen. Am Ende der Ebene überschreiten wir einen kleinen Hügel, hinter dem wir bereits hinunter in den Abisko Nationalpark sehen. Gegen Abend erreichen wir die STF-Hütte Abiskojaure, wo wir uns zuerst mal vier Bier gönnen. Das Bier fährt gut ein, nach rund 40km wandern.
Wir erfahren, dass die STF-Hütte Abiskojaure keinen Platz mehr für Übernachtungen hat. Somit ist unsere einzige Wahl, nochmals 13km zu wandern und den Kungsleden heute zu beenden. Nachdem wir das Bier getrunken haben, laufen wir somit den Rest des Abends noch bis nach Abisko. Zuerst entlang des Sees Abiskojaure, danach entlang an dessen Fluss. Die Nacht gibt sich am Himmel langsam zu erkennen, und wir treffen gegen 22 Uhr in Abisko ein. An der Reception der STF Turiststation beschreiben wir nochmals unser Problem mit dem zerfezten Zelt, und bekommen schliesslich zwei Schlafplätze in der Hütte zugeteilt. Im leeren Aufenthaltsraum essen wir um halb 11 noch unser Nachtessen, und gönnen uns danach noch eine Sauna, bevor es dann ins Bett geht. Und so endet unsere Reise auf dem Kungsleden.